Jetzt kommt der „§ 34f“ für Baufinanzierungsvermittler!

25.09.2013

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Wieder mal die EU: Die Baufinanzierungsvermittler werden in Kürze streng reguliert. Für sie stehen möglicherweise noch härtere Bedingungen ins Haus als für Anlagevermittler: Zertifizierung, Registrierung, Versicherung, Fortbildung, Dokumentation etc. Aufwand und Kosten lassen das Ende der Gelegenheitsvermittler erwarten.

Das kommt auf Baufinanzierungsvermittler zu

  • Dokumentationspflichten, ähnlich aufwändig wie bei Versicherungs- und Anlagevermittlern
  • Vermögensschadenshaftpflichtversicherung, Abschluss künftig zwingend erforderlich
  • Kostenintensive Aus- und Fortbildung
  • Ablegen der Sachkundeprüfung
  • Registrierung

Sachkundeprüfung, Berufshaftpflichtversicherung, Beratungsprotokoll: Für Vermittler haben sich die Regeln der Berufsausübung seit Inkrafttreten des Finanzanlagenvermittlerrechts deutlich verschärft. Eine ähnlich drastische Regulierung droht jetzt Baufinanzierungsvermittlern. In Brüssel wurden kürzlich entsprechende Vorgaben im Zuge der Wohnimmobilienkreditrichtlinie gemacht, die noch in deutsches Recht umgesetzt werden müssen. Die Neuerungen sollen Kreditnehmer besser informieren und schützen. „Die Umsetzung verpflichtender Anforderung wird bei Bankberatern, aber erst recht bei den vielen tausend freien Vermittlern ein mittleres Erdbeben verursachen", erwartet Dieter Jurgeit, Vorstandsvorsitzender PSD Bank Nord. Die Regulierungsbestrebungen hält er für überfällig: „Besonders bei Vermittlern mussten wir die Erfahrung machen, dass oft nur der eigene Profit im Vordergrund steht und den Kunden nicht die für ihn optimale Finanzierung verkauft wurde." Das bestätigt auch Dr. Joachim Klare, Vorstandsvorsitzender Bundesverband der Immobilienfinanzierer (bvdif). „Viel zu häufig wird zu Beginn keine umfassende Analyse bezüglich des Eigenkapitals betrieben, um abzuklären, wie viel davon in die Finanzierung einfließen soll. Dazu gehört auch, zu prüfen, ob KfW-Mittel eingeplant werden können." Darüber hinaus werde in Zeiten der Niedrigzinsen die Tilgung viel zu niedrig angesetzt, wobei der Ablauf der Zinsbindung eine wichtige Rolle spielt: „Es muss geklärt sein, wie viel Restkapital dann neu zu finanzieren ist und zu welchen Konditionen. Hier hat es schon manch böses Erwachen gegeben, weil plötzlich ein Belastungssprung zu verzeichnen war", so Dr. Klare. Dennoch meint er, dass sich die Baufinanzierungsberatung bereits jetzt durch eine hohe Professionalität der Vermittler auszeichnet. Dies sei auch der Komplexität des Themas geschuldet. „Durch die Richtlinie wird dennoch der Druck erhöht, sich adäquat aus- und fortzubilden", erklärt er. Das Problem: Vermittler, die nicht Mitglied im bvdif sind, haben noch nichts von den Anforderungen gehört, die auf sie zukommen. „Wir haben unsere Mitglieder informiert, dass die Richtlinie den bisher nicht regulierten Markt im Fokus hat und verdeutlicht, dass einige Änderungen auf alle Beteiligten zukommen werden. Der Sachkundenachweis wird voraussichtlich über eine Zertifizierung der Industrie- und Handelskammer abgebildet werden – analog zu den Regelungen für Finanzberater. Wir werden uns darum bemühen, an einer praxisnahen Lösung mitzuarbeiten."

Dies streben auch die Industrie- und Handelskammern an. Das ergab ein Anruf bei der Rechtsabteilung des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK). Dort weist man zwar darauf hin, dass noch unklar ist, wer als Aufsichtsbehörde für die Baufinanzierungsvermittler fungieren wird. Aber ein Wunsch wird deutlich formuliert: „Wir würden das gerne machen!" Fachlich und personell sieht sich die DIHK hierfür gut aufgestellt. Zudem sei es von Vorteil, wenn Sachkundeprüfung, Erlaubniserteilung und Registrierung von ein und derselben Behörde übernommen werden. Das Negativbeispiel der Aufsicht über die Finanzanlagenvermittler solle möglichst vermieden werden: Dort sind zwar die Industrie- und Handelskammern für die Abnahme der Prüfungen zuständig, mit der Erlaubniserteilung hat der Gesetzgeber allerdings nicht die IHKs beauftragt. Jedes Bundesland kann für sich entscheiden, ob die Gewerbeämter oder die IHKs dafür zuständig sind. In acht Bundesländern ist das Gewerbeamt zuständig, in den restlichen acht Ländern ist es die Industrie-und Handelskammer. Gemeinsam ist nur die Führung des Registers durch die IHK. Eine einheitliche Beauftragung der Kammern und somit eine zentrale Anlaufstelle für die Vermittler wäre bürokratieärmer und kostengünstiger gewesen.

Besonders der Kostenfaktor wird eine entscheidende Rolle spielen, denn für Vermittler wird die Regulierung teuer: Ein kostenintensiver Schulungsaufwand kommt auf sie zu. Experten gehen davon aus, dass derzeit rund 5.000 Vermittler „ernsthaft" Baufinanzierungsvermittlung betreiben – d. h. nicht nur bei Gelegenheit. Nach Umsetzung der Richtlinie in deutsches Recht wird sich diese Zahl wohl halbieren. Viele Vermittler werden aus dem Markt ausscheiden, weil sie die Kosten für Aus- und Fortbildung und Vermögensschadenhaftpflichtversicherung sowie den Verdienstausfall (im ersten Jahr schätzungsweise bis zu 10.000 Euro, in den Folgejahren jeweils bis zu 5.000 Euro) nicht stemmen und die bürokratischen Hürden nicht bewältigen können. Zudem stellt sich die Frage, wie und wo sich Baufinanzierungsvermittler auf die Sachkundeprüfung vorbereiten können. Da eine Zertifizierung bisher nicht erforderlich war, gibt es keine Institute bzw. qualifizierte Ausbilder, die die Prüfungsvorbereitung übernehmen könnten.

Wann und wie das Thema nach der Bundestagswahl politisch angegangen wird, ist noch offen. Dr. Klare geht von einer Umsetzung durch die nächste Bundesregierung bis Mitte/Ende 2014 aus. Mit den üblichen Übergangsfristen dürfte es dann zu einer tatsächlichen Umsetzung im Jahr 2015 kommen. Positiv zu bewerten sei, dass Brüssel den jeweiligen Ländern einen gewissen Spielraum einräumen wolle. So könnten spezifische Marktgegebenheiten berücksichtigt werden. „Dies gilt übrigens auch für andere Themenbereiche, z. B. bei der Ausgestaltung von Festzinsangeboten", sagt Dr. Klare. Bleibt die Frage, ob sich Baufinanzierungsvermittler bereits jetzt auf die zu erwartenden Neuerungen vorbereiten sollten. „Zurzeit raten wir noch zur Zurückhaltung, da viele Fragen erst vom Gesetzgeber in Angriff genommen werden müssen. Abgesehen davon empfehlen wir den Vermittlern, jede Maßnahme zur Verbesserung der eigenen Qualifikation zu ergreifen. Das umfasst die Regelungen der vorvertraglichen Information, eine umfassende Kundenbedarfsanalyse und die Protokollierung des Beratungsgesprächs", sagt er. Denn eines ist klar: Das Beben steht unmittelbar bevor.

Banken und Versicherer haben bisher keine konkreten Vorbereitungen auf die Wohnimmobilienkreditrichtlinie getroffen, so eine Markteinschätzung des Beratungsunternehmens Steria Mummert Consulting. „Der gesamte Kreditvergabeprozess für Wohnimmobilienkredite muss auf den Prüfstand gestellt und an die Anforderungen der neuen Richtlinie angepasst werden", sagte Dirk Lange, Bankexperte von Steria Mummert Consulting. „Anpassungen sind notwendig in der EDV, dem Dokumentenwesen, den Compliance-Regelungen, der Dokumentation sowie der Schulung und Kontrolle von Mitarbeitern und Vermittlern." Und was sollten freie Vermittler jetzt tun? „Sie sollten sich vorerst weiter auf ihr Tagesgeschäft konzentrieren und sich über unsere Informationskanäle auf dem Laufenden halten, um rechtzeitig zur Einführung der neuen Rechtsvorschriften in Deutschland perfekt aufgestellt zu sein", rät Stephan Gawarecki, Vorstandssprecher Dr. Klein & Co. AG. Das Unternehmen hat bereits vor zwei Jahren ein freiwilliges Beratungsprotokoll für Vermittler eingeführt. „Der interessierte und informierte Vermittler weiß, dass zukünftig ein Sachkundenachweis erforderlich ist. Es ist aber noch schwer einzuschätzen, welche Folgen die Regulierung konkret haben wird", ergänzt Christian Heckemann, Leiter Vertriebsmanagement Immobilienfinanzierung PlanetHome AG.

(Kim Brodtmann)

Regulierung - Printausgabe 05/2013