Keine Altersfrage

14.06.2021

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Eine aktuelle Studie beweist: Zu hohe Garantien sind eine Belastung für die Altersvorsorge. Dies gilt in hohem Maß auch für fondsgebundene Rentenversicherungen. Und es geht hier notwendigerweise auch nicht um das Alter der Kunden. Auch andere Aspekte spielen eine Rolle. Das sollten Makler ihnen sorgfältig erklären.

Soll man bei der Altersvorsorge an der bestehenden Garantieregelung festhalten oder sie reduzieren? Dies wird derzeit heiß diskutiert. Eine Studie des Instituts für Finanz- und Aktuarwissenschaften (ifa), die erstmals auch die Auswirkungen der Inflation berücksichtigt, zeigt nun: Eine Absenkung der Garantie bei Altersvorsorgeprodukten verbessert die Renditechancen deutlich, ohne das Risiko signifikant zu erhöhen. „Garantien kosten besonders viel Geld, wenn die Zinsen niedrig sind. Die aktuellen Vorschriften zu Garantien bei der Riesterrente sind deshalb eine stärkere Renditebremse als jemals zuvor“, betont Prof. Dr. Jochen Ruß, einer der Autoren der Studie. Er warnt: „Eine Garantieerfordernis von 100 % der eingezahlten Beiträge ist im aktuellen Zinsumfeld extrem kritisch. Sie verhindert einen effektiven Vermögensaufbau.“ Die Studie zeigt aber auch: Eine Absenkung der Garantie sollte nicht beliebig erfolgen. Denn die zusätzlichen Renditechancen werden immer geringer, während im Gegenzug das Risiko steigt. Garantieprodukte spielen in der Altersvorsorge in Deutschland eine wichtige Rolle. Sie suggerieren Sicherheit, indem sie den Wunsch vieler Verbraucher erfüllen, zum Ende der Laufzeit mindestens die eingezahlten Beiträge zurückzubekommen. Dies ist jedoch trügerisch. Denn im aktuellen Zinsumfeld haben Produkte mit einer Garantie von 100 % der Beiträge so gut wie kein Renditepotenzial mehr. Das ist jedoch für ein langfristiges Sparziel vor allem mit Blick auf die Absicherung im Alter unbedingt notwendig.

Inflation ist ein entscheidender Faktor

Das ifa untersuchte deshalb aus Verbrauchersicht, welche Auswirkungen eine Absenkung der Garantie auf die Chancen und Risiken der häufigsten Altersvorsorgeprodukte hat. Erstmals wurde dabei die Inflation als entscheidender Faktor berücksichtigt. Im Fokus standen dabei zwei fondsgebundene Lebensversicherungen (statisches und dynamisches Hybridprodukt) sowie ein Fondsprodukt (i-CPPI). Die aktuell maximal darstellbare Garantiehöhe wurde vom ifa bei 90 % der Beiträge berechnet und als Basiswert gesetzt. Üblicherweise wird angenommen, dass hohe Garantien mehr Sicherheit bieten als niedrige Garantien. Bezogen auf die Euro-Werte der Leistungen ist dies auch richtig. Dies lässt aber den entscheidenden Punkt außer Acht, dass für die Verbraucher die inflationsbereinigte Kaufkraft relevant ist. Ein Finanzprodukt ist also nur dann sicher, wenn es das Risiko des Kaufkraftverlusts so gering wie möglich hält. Wird die Garantie der eingezahlten Beiträge abgesenkt, kann der Anbieter stärker in renditeträchtige Aktien investieren. Dies erzeugt zwei gegenläufige Effekte. Einerseits erhöht sich das Risiko von Wertschwankungen. Andererseits reduziert die Wertentwicklung der Aktien die negativen Folgen der Inflation auf das Vermögen. Denn über lange Zeiträume gibt es eine positive Korrelation zwischen Aktienrendite und Inflation. „Hohe Garantien verringern das Risiko von Schwankungen der Aktienmärkte, erhöhen aber im Gegenzug das Risiko, das aus der Inflation resultiert“, fasst Ruß zusammen. Werden die Garantien im aktuellen Zinsumfeld gesenkt, führt dies in Bezug auf die Kaufkraft zu einer starken Erhöhung von Chancen bei relativ geringer Zunahme des Risikos. In manchen Fällen steigt das Risiko sogar gar nicht an. Bei niedrigen Zinsen ist der Effekt besonders stark ausgeprägt. Eine hohe Garantie kann unter Umständen also sogar zu einer Erhöhung des realen Risikos führen. Bemerkenswert ist folgender Effekt: Ausgehend vom höchsten betrachteten Garantieniveau (90 %) erzeugt ein Absenken der Garantie zunächst sehr viel und dann immer weniger zusätzliche Renditechancen. Das Risiko nimmt hingegen immer stärker zu. Bei eher hohen Kursschwankungen bedeutet das konkret: Bis zu einem Garantieniveau von ca. 70 % steigt die reale Chance deutlich stärker an als das reale Risiko.

Individuelle Lebensumstände spielen eine Rolle

Es stellt sich dabei natürlich die Frage, ob Garantiewünsche mit dem Alter der Kunden beim Vertragsabschluss grundsätzlich steigen. Stefan Johannes Schreiber, Key-Account-Manager Vorsorge Maklervertrieb beim AXA Konzern AG, zeigt sich da eher zurückhaltend: „Das kann man nicht pauschal beantworten. Es ist nachvollzierbar, dass der Garantiewunsch mit zunehmendem Alter und der damit verbundenen kürzeren Ansparphase bis zum Rentenalter steigt. Allerdings ist dies nicht grundsätzlich eine Altersfrage.“ Oft sei der Wunsch nach Garantie von individuellen Lebensumständen, Erfahrungen und Einschätzungen geprägt. Bei langen Laufzeiten seien erfahrungsgemäß Garantien weniger notwendig. Lange Laufzeiten böten Sicherheit und stabilisierten die zu erwartenden Renditen. Garantien könnten während des gesamten Anlagezeitraums wichtig werden. Flexibilität innerhalb von Vorsorgelösungen seien das A und O. Schreiber: „Zum Beispiel kann bei unserer »Relax Rente« (»Comfort« und »Chance«) sowie unserer »Fonds-Rente« ein Shift aus den Fondsanlagen in das Sicherungsvermögen erfolgen. Beide Vorsorgelösungen bieten auch in der Auszahlphase viel Gestaltungsspielraum.“ So könnten zum Beispiel Entnahmen und Zuzahlungen geleistet werden. Aber auch die Höhe der Rente ließe sich an die eigenen Wünsche anpassen. Umso besser sollte neben der Risikobereitschaft auch die Überlegung nach Sicherheit bereits bei der Auswahl für ein individuelles Lösungskonzept sein. Der Anlagezeitraum ist auch für Christian Nuschele, Head of Sales & Marketing der Standard Life, ein ganz entscheidendes Kriterium: „Viele jüngere Kunden sind offen für Lösungen ohne Garantie, weil sie einen Anlagehorizont von 30 oder 40 Jahren haben. Da macht der Verzicht auf Garantien ja auch durchaus Sinn.“ Ältere Kunden stellten oft Sicherheit und Garantie gleich – würden aber im Laufe der Beratung erkennen, dass für sie ein Verzicht auf die Garantie in Frage komme. Zum einen gebe es auch hier häufig einen noch sehr langen Anlagehorizont, zum anderen seien diese Kunden durch gesetzliche Rente, betriebliche Altersversorgung und Riester-Rente mit Garantien bereits überversorgt. Nuschele: „Da ist eine Ergänzung durch Anlagen ohne Garantie oft eine gute Entscheidung, die von gut beratenen Kunden auch gern mitgetragen wird.“ (hdm)