Mit Vollgas durch die Schadenzonen
28.10.2025

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Die Fahrzeugversicherung bleibt in Bewegung. Die letzten Erhöhungsrunden sorgten für erhebliche Beitragsaufschläge. Selbst besonnene Fahrer mit bester Schadenfreiheit und risikoarmen Fahrzeugtyp bat man stärker zur Kasse.
Für 2026 veröffentlichte der GDV, der Gesamtverband der Versicherer, neue Regionalklassen. Rund 5 Millionen Haltern drohen Mehrbeiträge. Mehr Versicherte sollen von günstigeren Einstufungen profitieren. Es dürften sich verunsicherte Kunden erneut an ihre Vermittler oder an Vergleichsportale wenden. Eine erhöhte Wechselbereitschaft erschwert wiederum die Beitragskalkulation. Ohnehin schrauben Fachkräftemangel, Inflation und technischer Fortschritt die Reparaturpreise fortwährend nach oben. Künstliche Intelligenz soll die Kosten der Versicherer einhegen. Momentan nutzen eher Cyber-Kriminelle und Versicherungsbetrüger KI-Lösungen, um den Versicherern Datensätze und Geldbeträge zu entlocken. Bleiben die Schadenquoten auf hohem Niveau, könnten die Courtagen ins Visier geraten.
Das dicke Schadenende bleibt außer Sicht
Eine absinkende Konjunktur kann ansteigende Schadenverläufe ausbremsen. Die Kündigungswellen der Autohersteller setzen beispielsweise Fachkräfte frei und eine verminderte Kauflaune dämpft die Preisentwicklungen. Schwächeln Preistreiber, erholen sich die Versicherer. Allerdings ist fraglich, ob Herstellerkündigungen mehr Fachkräfte in die Regionen bringen. Meiden Kunden die Autoverkaufsräume, verlängern sich deren Haltedauern der Fahrzeuge. Ältere Fahrzeuge neigen zu Schäden und teuren Reparaturen. Die Bilanzen werden bald zeigen, wie sich Beitragserhöhungen und Konjunktur in den Ergebnissen der Versicherer niederschlagen. Zur Schadenbelastung gesellt sich ein Nachholbedarf in der Informations- und Kommunikationstechnologie, kurz IKT. Die Fahrzeugversicherer setzen deshalb auf KI. Ob sich KI-Vorhaben in der Schadenpraxis bewähren, bleibt abzuwarten. Mit den Konjunkturdellen ziehen auch Schadenbetrugsfälle stärker an. KI soll den Betrügereien entgegenwirken. Das bedingt moderne IKT-Systeme mit Digitalarchiven bei den Versicherern. Die organisierten Kriminellen nutzen KI ohne solche Hürden. Generierte Fotos, erfundene Gutachten, falsche Führer- und Fahrzeugscheine, fingierte Rechnungen, fiktive Beteiligte mit Social-Media-Präsenz etc. belegen Schadenhergänge, die KI-Anwendungen zügig erstellen. Datenlecks z. B. bei Autohändlern, in Schilddruckereien oder auch bei Automobilclubs können das Unheil mitunter europaweit befeuern. Die mit Schrottfahrzeugen herbeigeführten Unfälle lassen sich längst mit KI-Dokumenten täuschend echt untermauern. Die Fahrzeugversicherer knüpfen die Netze enger, um Betrüger zu entlarven. Dafür erhalten Großtierhalter und deren Haftpflichtversicherer mehr mit KI aufgebauschte Fahrzeugschäden. Die Kriminellen nehmen dabei verletzte Tiere in Kauf, wenn Gatter oder Stallungen zur Schadenherbeiführung geöffnet werden. Glaubt man den Experten, stehen wir erst am Anfang der KI-Kriminalität.
Fahrzeugschäden mit Maklerhilfe managen
Weniger Betrugsfälle und niedrigere Schadenquoten bedingen versierte Fachkräfte. Bereits eine erste Besichtigung des Schadens durch den Gutachter oder Vermittler senkt die Chancen, erfolgreich mit oder ohne KI-Einsatz zu betrügen. Der Idee, über Callcenter mit Kundenhilfe Schadenlivevideos zu drehen, steht betrügerische KI gegenüber, die Mitschnitte imitiert. Auf Versicherungsmakler dürften künftig Mehrarbeiten zukommen, sofern nicht Gutachter beauftragt sind. Die Fahrzeugversicherer, die mit Courtagekürzungen liebäugeln, könnten das später auf der Schadenseite bereuen. Damit die Reparaturkosten sinken, binden Versicherer Abschleppdienste, Fahrzeugvermieter, Teilehändler oder Werkstätten enger an. Im Gegenzug bieten die Fahrzeughersteller günstige Versicherungslösungen. Beides soll Kunden zufriedener stellen und neue Margen in eigene Erlöskanäle lenken. Kundenzweifel an der Reparaturqualität oder am späteren Erlös beim Wiederverkauf goutieren einige Versicherer mit einer Reparaturoption bei der Automarkenwerkstatt gegen einen Mehrbeitrag, was die preistransparenten Vergleichsportale untergraben. Die Neuwagenkäufer meiden unterm Strich die Rundumlösungen der Fahrzeugversicherer und versichern mit freier Werkstattwahl lieber bei Konkurrenten. Einige Risikoträger lagern zur Kostensenkung die Schadenersatzregulierungen aus. Die externen Regulierungen liegen mitunter in Händen kaum erfahrener, dafür aber billiger Arbeitskräfte. Dabei dürfte der Ersatz tendenziell niedriger liegen, um bei Versicherern für Neuaufträge zu punkten. Fehlen Erfahrungen im Maklergeschäft oder Kompetenzen für Grenzfälle, geht das unter Umständen zulasten der Kundenverbindung des Versicherungsmaklers. Weiteres Manko sind Zugriffe der Externen auf Bestands- und Schadensysteme der Versicherer und damit auf Maklerkundendaten. Eine unbemerkte Cyber-Attacke auf den externen Regulierer kann sich auf die Versicherer sowie nachgelagert auf die Maklerbüros und Kundensysteme virulent ausbreiten. Dienstleistungsverträge mit strengen Auflagen wehren die unüberschaubaren Folgen in der Praxis kaum ab. Zudem sind Daten und Systeme von Maklern und Kunden gefährdet, die nicht in Schäden involviert sind. Dabei stehen Versicherungsmakler einigen Schadendienstleistern z. B. für unabhängige Gutachten oder für Rückgriffe zur Schadenquotensenkung positiv gegenüber und unterstützen dabei. Die Daten fliesen nur fallbezogen zumeist über gesicherte Portale und damit ohne Systemverbindung zu Versicherern, Maklern oder deren Kunden.
FAZIT
Jede Beitragsanpassungsrunde stabilisiert die Schadenquoten der Fahrzeugversicherer. Den Beitragseinnahmen stehen kontinuierlich wachsende Schadenaufwendungen gegenüber. Der intensive Wettbewerb um Fahrzeughalter verhindert ein anhaltendes Hochschaukeln der Versicherungsbeiträge. Eine fachgerechte Schadenregulierung ist die Visitenkarte des Versicherers. Ein schneller, fairer Schadensersatz stärkt die Kunden- und Maklerbeziehungen und sollte deshalb fest in Händen des Versicherers bleiben. Das Auslagern ergänzender Schadenarbeiten an Externe bedingt Erfahrungen im täglichen Umgang mit freien Vermittlern und kann Schadenbereiche der Versicherer entlasten, Ergebnisse verbessern, Versicherungsbeiträge reduzieren sowie eine gute Verbindung von Kunden, Makler und Versicherer zusätzlich festigen. (gg)

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