Renditeträchtige Investments, die Nachhaltigkeit bewirken und börsenunabhängig sind, sind noch rar

17.12.2020

Peter Jäderberg, Geschäftsführer von Jäderberg & Cie. / Foto: © Jäderberg & Cie.

Die Pandemie und zuvor schon die Diskussionen um den Klimawandel haben bei einem großen Teil der Gesellschaft den Willen gestärkt, ihr Leben im Einklang mit und zur Erreichung von nachhaltigen Zielen aktiv zu gestalten. Auch mit ihrer Geldanlage wollen Menschen Nachhaltigkeit bewirken. Aber ob dies mit Grünen Fonds oder ETFs überhaupt möglich ist, wird vermehrt bezweifelt. Hierzu sprach finanzwelt mit Peter Jäderberg, Geschäftsführer von Jäderberg & Cie.

finanzwelt: Herr Jäderberg, ist nachhaltiges Investieren ein Trend? Peter Jäderberg» Auf der einen Seite: Nein. Wenn man sich Fakten bewusst macht und einem die Augen aufgehen, dann ist das tendenziell unumkehrbar. Lange genug köchelte das Thema Nachhaltigkeit in unserer Gesellschaft, aber wirklich grundlegend verändert hatte sich jahrzehntelang zu wenig. Mit Greta Thunberg und Friday-for-Future und erst recht mit der Pandemie haben global sehr breite Bevölkerungsgruppen begonnen, sich mit Nachhaltigkeit zu befassen. Diese Mehrheitsfähigkeit schlägt sich bekanntlich auch in der EU-Gesetzgebung nieder, der sogenannten Grünen Taxonomie. Es wird die Ausweispflicht der Nachhaltigkeit von Investmentprodukten geben. Bei der Vermögensberatung müssen Nachhaltigkeitsaspekte berücksichtigt werden und Anleger proaktiv auf Nachhaltigkeitswünsche angesprochen werden. Das bringt Nachhaltigkeit als neue, verpflichtende vierte Dimension neben dem traditionellen Trio: Rendite, Sicherheit, Verfügbarkeit. Bei vielen Vermögensberatern ist das bereits lange Standard.

finanzwelt: Und auf der anderen Seite? Jäderberg» Opportunismus. Diese Entwicklung hat nicht nur eine stark gestiegene Nachfrage geschaffen, sondern auch einen neuen Markt, der für Produktanbieter einem El Dorado gleichkommt. Der Kapitalmarkt soll im Vorjahr für über 4.000 Milliarden US-Dollar ‚Nachhaltige Investment‘-Produkte, wie ‚Grüne Fonds‘, verkauft haben. Das ist fast doppelt so viel, wie wir zur Erreichung der UNO Nachhaltigkeitsziele bis 2030 jährlich benötigen. Aber davon ist nur ein Bruchteil in der realen Welt angekommen. Der Rest des Geldes bleibt bei den Börsenplayern.

finanzwelt: Das klingt nach einem bösen Vorwurf? Jäderberg» Das ist kein Vorwurf, sondern systembedingte Tatsache, wie die Börsen funktionieren – unabhängig vom Aspekt der Nachhaltigkeit. Das Preisvolumen der Aktien, die von Unternehmen an der Börse gehandelt werden, also lediglich den Besitzer wechseln, ist auf Jahresbasis nicht selten hundert Mal so hoch wie das Kapital, das einem Unternehmen vom Kapitalmarkt zur Verfügung gestellt wird. Und bei synthetischen Produkten wie ETFs kommt von vorneherein nichts in der Realwirtschaft an und kann also keine Nachhaltigkeit bewirken. Das ist nichts Schlechtes, im Gegenteil schafft es für Anleger enorme Möglichkeiten an Liquidität und Flexibilität, bietet eine attraktive Wette auf Nachhaltigkeit und fördert den ESG-Gedanken. Was man vorwerfen könnte, ist, dass der Anleger im Glauben gelassen wird, durch den Kauf solcher Produkte der Nachhaltigkeitsziele tatsächlich Kapital zur Verfügung zu stellen.

Weiter auf Seite 2