US-Handelszölle – worauf Anleger nun achten sollten
13.08.2025

Dr Markus Zschaber. Foto: © V.M.Z.
Die Europäische Union und die USA konnten sich auf einen neuen Quasi-Basiszoll von 15 Prozent einigen. Bleibt es dabei, wäre Europa vergleichsweise gut weggekommen. Doch was sollen Anleger mit diesem Zoll-Deal anfangen? Fakt ist: Für Investoren ist allein die Höhe der US-Handelszölle kein ausreichendes Kriterium.
Die Kuh scheint erst einmal vom Eis, so könnte man die Ende Juli bekanntgegebene Einigung zwischen den USA und der Europäischen Union in Sachen US-Handelszölle umschreiben. Ob sie dabei wirklich vom Eis ist, oder doch noch einbrechen könnte, ist allerdings nicht ganz gewiss. Denn zum einen muss die Vereinbarung noch schriftlich fixiert werden, wobei sich hier schon einige Streitpunkte wie etwa die Höhe der zugesagten Investitionen der EU in den USA, die quasi als Gegenleistung zu sehen sind, abzeichnen. Hinzu kommt: Donald Trump könnte mit der Vereinbarung unzufrieden werden, so wird zumindest von einigen Beobachtern befürchtet. Es wäre zumindest nicht das erste Mal, dass der US-Präsident im Nachgang Entscheidungen kassiert. Denn immerhin ist die USA Europa ja auch ein Stück weit entgegengekommen – wir erinnern uns, ursprünglich waren mal US-Handelszölle in Höhe von 30 Prozent und mehr im Gespräch. Die jetzt zugesagte Halbierung auf 15 Prozent könnte Trump eines Tages sauer aufstoßen. Und auch in Europa zeigt man sich unzufrieden. Einige sagen, die EU wäre vor Trump eingeknickt, andere sehen erheblichen wirtschaftlichen Schaden.
Die EU kommt vergleichsweise gut davon
Wie auch immer, am Ende muss man aber auch festhalten, dass die EU – sollten die USHandelszölle so in Kraft treten – noch vergleichsweise glimpflich davonkommt. Allein ein Blick auf die aktuelle Zollstatistik zeigt, wie glimpflich. Schweizer Waren etwa wurden von Trump mit 39 Prozent belegt, trotz eines längeren Telefonats zwischen ihm und der eidgenössischen Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter. Auch Südafrika muss mit 30 Prozent doppelt so viel entrichten wie die EU.
Wie es mit China und Indien weitergeht, ist noch nicht ganz klar. Wahrscheinlich ist jedoch, dass der US-Präsident beide Staaten mit besonders hohen Zöllen belegen will. Grund: China und Indien treiben Handel mit Russland und finanzieren so indirekt den von Moskau angezettelten Krieg gegen die Ukraine. Ebenfalls im Visier der Zollfalken ist Brasilien. Hier ist es die persönliche Freundschaft Trumps zu Expräsident Jair Bolsonaro, der in Brasilien wegen Korruption und Amtsmissbrauch angeklagt ist. Mit Handelszöllen will Washington Bolsonaro praktisch freipressen. Es wird offensichtlich, wie sehr sich unter Trump Persönliches und Politisches vermischen.
Großbritannien nur 10 Prozent US-Handelszölle
Auf der anderen Seite stehen Länder wie Großbritannien, die es frühzeitig geschafft haben, mit der US-Regierung eine enge Verbindung aufzubauen. Das Vereinigte Königreich muss nur zehn Prozent entrichten. Nichtsdestotrotz, die EU kommt mit ihren 15 Prozent noch gut weg, etwas schlechter als Großbritannien, aber eben auch deutlich besser als etwa die Schweiz. Und: Die EU befindet sich in guter Gesellschaft. 15 Prozent müssen auch viele andere Länder entrichten, darunter so bekannte Industriestaaten wie Norwegen, Japan und Südkorea, und Emerging Markets wie die Türkei und Nigeria. Kurzum: Man kann davon ausgehen, dass europäischen Waren in den USA zumindest kein wesentlicher Preisnachteil im Vergleich zu anderen eingeführten Waren droht.
Kein ausreichendes Kriterium für den Aktienmarkt
Eine Erkenntnis, die auch für Börsianer wichtig ist. Es droht europäischen – und insbesondere auch deutschen Unternehmen – kein „Zolldebakel“. Dies vor allem auch vor dem Hintergrund, dass einige US-Handelszölle, wie etwa jene auf Autos, nun sogar reduziert wurden. Waren es zuvor 30 Prozent, die bei Einfuhr in den USA entrichtet werden mussten und das Geschäft mit dem Autoverkauf erheblich erschwert haben, sind es nun 15 Prozent, also der neue Quasi-Basiszoll auf alles und jedes. Auch wenn man in der heimischen Autoszene von einem Aufatmen weit entfernt ist, es hätte deutlich schlimmer kommen können.
Und, noch eine Erkenntnis kann für Anleger wichtig sein: Europäische Aktien sind und bleiben vergleichsweise attraktiv, weil eben die EU mit 15 Prozent einigermaßen gut davonkommt. Unter diesem Aspekt schneidet nur noch Großbritannien mit seinen zehn Prozent besser ab. Doch die Höhe der US-Handelszölle sollte nicht das alleinige Kriterium dafür sein, ob ein Land für Börsianer attraktiv oder weniger attraktiv ist. Im Falle von Großbritannien trifft das zu, aber London hat darüber hinaus auch noch einiges mehr zu bieten. Der britische Aktienmarkt gilt zum Beispiel als relativ günstig, und die Wirtschaft könnte von einer erneuten Annäherung an die EU profitieren.
Einzelanalyse entscheidet
Entsprechend macht es auch wenig Sinn, alle Länder zu meiden, die von Donald Trump mit relativ hohen US-Handelszöllen belegt wurden. Die Schweiz etwa, mit 39 Prozent sicherlich hart getroffen, bietet immer noch gute Perspektiven, man muss nur wissen welche Aktien trotz der US-Handelszölle weiterhin attraktive Renditechancen bieten. Für Indien und China gilt ähnliches, auch wenn hier die Unsicherheit noch sehr groß ist, weil niemand weiß, wie hoch die Zölle am Ende ausfallen werden. Einige besonders spitzfindige Investoren sehen in der Höhe der US-Handelszölle sogar eine Art Qualitätsmerkmal. Je höher der Zoll, desto „ernster“ nehmen die USA dieses Land auf der Weltbühne. Demnach werden Indien und China als politische und wirtschaftliche Konkurrenten besonders hart von den USA angegangen.
Marktkommentar von Dr. Markus C. Zschaber, Gründer der V.M.Z. Vermögensverwaltungsgesellschaft in Köln.

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