Warum Kundenorientierung und Prozessqualität zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor werden
18.11.2025

Foto: Dr. Sebastian Schulz, Vorstand, Pentadoc AG © Pentadoc AG
Fast jeder fünfte Versicherungskunde ist laut aktuellen Studien unzufrieden und die Ursachen reichen weit über Einzelprobleme hinaus. Die Probleme reichen von langen Bearbeitungszeiten über veraltete, nicht digitale Prozesse bis hin zum Fachkräftemangel. Der Rückschluss liegt auf der Hand: Ist die Operations eines Versicherers nicht zeitgemäß aufgestellt, kann das Serviceversprechen gegenüber Vermittlern und Kunden nicht gehalten werden. Für Versicherer, aber auch für Makler und Vermittler wird damit ein zentrales Handlungsfeld sichtbar. Die Qualität der Operations entscheidet heute über die Glaubwürdigkeit des Serviceversprechens und damit über die Zukunftsfähigkeit der Branche.
Die Erwartungshaltung von Kunden, aber auch von Maklern und Vermittlern hat sich in den letzten Jahren stark weiterentwickelt. Schnell, transparent und verständlich muss der Service heute sein. Lange Bearbeitungszeiten, schwer erreichbare Ansprechpartner oder mangelnde Kommunikation verärgern nicht mehr nur Kunden, sie schwächen nachhaltig die Beziehung zwischen Versicherer und Vertriebspartner.
Wenn Versicherungen beim Service scheitern, zeigt das vor allem eines: Die Operations-Prozesse sind nicht auf Kundenerlebnis und Vermittlerbedürfnisse ausgerichtet. Ein hoher Anteil manueller Tätigkeiten, fragmentierte Systemlandschaften und starre Betriebsmodelle führen dazu, dass die Serviceorganisation weder effizient noch skalierbar ist.
Lange Zeit galt die Operations als reine Support-Funktion und als Kostenfaktor mit Einsparpotenzial – was zur aktuellen Situation geführt hat. Viele Versicherungsunternehmen haben nicht erkannt, dass die Operations mittlerweile ein strategischer Erfolgsfaktor ist und maßgeblich über Kundenzufriedenheit, Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit entscheidet.
Vier Ursachen, ein Auftrag
Die Relevanz für Makler und Vermittler ist dabei doppelt gegeben: Vermittler und Pools brauchen stabile Partner, deren Serviceprozesse verlässlich sind, damit sie effizient arbeiten und ihre Beratungs- bzw. Vermittlungsleistungen auf hochwertigen Service stützen können. Zudem ist der Dienstleister „Versicherung“ ein entscheidender Faktor in der Schnittstelle zum Kunden. Wenn dort Prozesse und Service schwächeln, wird der Vermittler mit den Folgen konfrontiert: Unzufriedenheit, Nachfragen und zusätzlicher Aufwand sind die Folge.
Die Ursachen für die aktuellen Serviceprobleme der Versicherer lassen sich in vier Dimensionen bündeln:
· Zu wenig qualifiziertes Personal: Die demografische Entwicklung, hohe Fluktuation und geringe Investitionen in Weiterbildung haben die Situation in den letzten fünf Jahren deutlich verschärft.
· Statische Organisations- und Betriebsmodelle: Vielen Servicebereichen fehlt es an Flexibilität, Resilienz und Skalierbarkeit, um Schwankungen im Schaden- und Serviceaufkommen auszugleichen sowie wachsende Kundenanforderungen zu bewältigen.
· Fehlende Kunden- und Vermittlerzentrierung: Klare Informationsflüsse, Self-Service-Angebote, die auch die Vermittler einbeziehen, sowie Echtzeitkommunikation sind in der Versicherungsbranche noch immer die Ausnahme.
· Veraltete Technologie: Viele Versicherer arbeiten auf Systemlandschaften aus dem letzten Jahrtausend, ohne durchgängige Datenmodelle und integrierte Prozessarchitektur. Es fehlt die Grundlage für Automatisierung, und das Potenzial von KI lässt sich unter diesen Rahmenbedingungen nicht ausschöpfen.
Für die Versicherer kommt es darauf an, diese Herausforderungen integriert anzugehen und so den Grundstein für eine leistungsfähige Operations und exzellenten Service zu legen. Stückwerk, etwa eine neue Arbeitssteuerungssoftware, ein „Digitalprojekt“ oder die Einbindung externer Dienstleister reicht nicht mehr aus. Vielmehr braucht es eine Operations-Strategie, die klar zeigt, wie Prozesse, Menschen und Technologie zusammenspielen, um das Zielbild „exzellenter Service für Kunde und Makler“ samt dem notwendigen Betriebsmodell zu erreichen.
Empfehlungen für Versicherer und Vermittler
· Wie aber lässt sich der Weg von der Analyse zur Umsetzung gestalten? Folgende Herangehensweise hat sich in verschiedenen Projekten zur Neuausrichtung der Operations und Servicekultur bewährt:
· Servicestrategie definieren: Versicherer sollten transparent festlegen, welches Service-Niveau sie künftig bieten wollen und was dies für Prozesse, Technologie und Partner bedeutet.
· Makler und Pools aktiv einbeziehen: Versicherer sollten Vermittler frühzeitig in die technologische, prozessuale und organisatorische Weiterentwicklung einbeziehen. Makler und Pools wiederum sollten prüfen, wie ihre Versicherer in Sachen Prozessqualität, Serviceerreichbarkeit und Skalierbarkeit aufgestellt sind und diese Aspekte in die Partner- und Produktauswahl noch stärker berücksichtigen.
· End-to-End-Prozesse neu denken: Von Vertrieb über Policierung bis Schaden- und Leistungsbearbeitung – Prozesse dürfen nicht in Silos enden. Eine durchgängige Prozesskette erhöht Effizienz und Kundenzufriedenheit gleichermaßen.
· Technologie als Hebel nutzen: Moderne Kern- und Vertriebssysteme bilden die Basis. Darauf aufbauend sind Automatisierung und KI heute nicht mehr optional, sondern Voraussetzung, um Serviceversprechen einzulösen und Vermittler als Partner zu bedienen.
· Mitarbeitende befähigen: Routineaufgaben reduzieren, Mitarbeitende für komplexe Fälle stärken, Cross-Funktionalität fördern. Nur so wird die Operations zum aktiven Partner im Service-Ökosystem und nicht zum reinen Standard-Support.
Fazit
Die Operations von Versicherungsunternehmen ist längst mehr als ein zu optimierender Kostenblock. Sie ist das Rückgrat von Servicequalität, Maklerbindung und Wettbewerbsfähigkeit. Wer jetzt nicht handelt, riskiert nicht nur unzufriedene Kunden, sondern auch den Verlust von Vermittlervertrauen und Marktanteilen. Der Hebel liegt in einer klaren Strategie und einer integrierten Herangehensweise – in einer ganzheitlichen Betrachtung von Menschen, Prozessen und Technologie. Es ist an der Zeit, die Operations strategisch aufzustellen – im Interesse von Kunden, Vermittlern und Versicherungsunternehmen.
Gastbeitrag von Dr. Sebastian Schulz, Vorstand, Pentadoc AG – spezialisiert auf digitale Transformation, Prozess- und Serviceoptimierung in Versicherungsunternehmen.

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