Was kommt nach Corona? Jetzt die Chancen als Unternehmen ergreifen

03.03.2021

Jens-Uwe Meyer / Foto: © Jens-Uwe Meyer

Wo gibt es nach der Krise neue Chancen?

Meyer: Überall dort, wo sich etwas verändert. Beim Einkaufsverhalten, im Prozessmanagement, in der Logistik, bei den Kundenbedürfnissen und, und, und. Man muss die Veränderungen nur erkennen bzw. gedanklich vorwegnehmen.

Haben Sie hierfür ein Beispiel?

Meyer: Viele Personen und Organisationen haben durch Corona gemerkt, dass die Globalisierung an ihre Grenzen stößt. Wir alle haben gespürt, wie verwundbar unsere Gesellschaft ist, wenn nur ein so simples Produkt wie Gesichtsmasken aus China nicht mehr geliefert wird. Das zieht sich quer durch alle Lieferketten der Unternehmen. Vorher galt: Es muss immer mehr und billiger werden. Doch unter dem Risikomanagement-Aspekt wird es künftig unerlässlich sein, Liefersysteme so aufzubauen, dass sie auch noch funktionieren, wenn die üblichen Wege verstopft sind.

Aber billig werden die Unternehmen doch auch künftig noch einkaufen und produzieren wollen, oder?

Meyer: Eher preis-wert, denn in vielen Branchen wäre es grob fahrlässig, wenn die Unternehmen ausschließlich darauf bauen würden, ihre alten globalen Lieferketten wiederherzustellen. Oder das just-in-time-Konzept noch weiter auszureizen. Die letzten zwanzig Jahre haben uns doch gezeigt: Wir werden immer wieder mit überraschenden Einbrüchen konfrontiert. 2001 brach der Neue Markt zusammen, 2008 kam mit der Lehman-Pleite die nächste Krise, und jetzt ist Covid 19 da. Es wäre naiv zu glauben, wenn Corona vorbei ist, folgen keine Krisen mehr. Die Unternehmen müssen endlich begreifen „Wir leben in einer von rascher Veränderung und sinkender Planbarkeit geprägten VUKA-Welt“ und hieraus die nötigen Schlüsse ziehen.

Überwiegen aus Ihrer Warte in den kommenden Jahren eher die Gefahren oder Chancen?

Meyer: Gefahren und Chancen sind für mich zwei Seiten der gleichen Medaille. Wer träge geworden ist, schaut auf die Gefahren. Kreativer Unternehmergeist lebt von der anderen Seite, den Chancen. Genau diesen Geist – oder neudeutsch „Mindset“ – gilt es jetzt in den Unternehmen freizusetzen und zu stimulieren. Es gilt, das kreative Potential zu nutzen statt es zu unterdrücken. Es gilt, ungewöhnliche Lösungsansätze zu fördern statt das Erreichte krampfhaft zu verteidigen. Der Innovationsexperte Joseph Alois Schumpeter nannte es einmal das Prinzip der „schöpferischen Zerstörung“. In der Phase der Zerstörung sind wir gerade; jetzt gilt es die Kreativität für neue Schöpfungen zu nutzen, um daraus etwas zukunftsfähiges Neues zu bauen.

Herr Meyer, danke für das Gespräch.