Was nun, Herr Trump?

01.04.2020

David Wehner, Senior Portfoliomanager bei der Do Investment AG (li.) und Thorsten Schrieber, Vertriebsvorstand bei DJE (re.) / Fotos: © Do Investment AG / DJE

finanzwelt: US-Aktienwerte waren in der Vergangenheit sehr gefragt. Worauf sollten sich Anleger nun konzentrieren?

Schrieber: Die US-Börse ist im Grunde – wie schon seit längerer Zeit – noch immer relativ hoch notiert, bei einem Kurs-/Buchwert von 2,7. Dies war und ist zurückzuführen auf die US-Buybacks, also jene Aktienkäufe, die US-Unternehmensvorstände vorgenommen haben, um die Kurse ihrer eigenen Aktien (bzw. billig erworbenen Optionen) in die Höhe zu treiben. Dies war der Hauptgrund der Hausse in Wall Street seit 2009.

Es ist realistisch, dass viele Unternehmen ihre Aktienrückkäufe jetzt gewinnbedingt streichen müssen bzw. keine Kredite von den Banken mehr für Aktienrückkäufe erhalten. Bisher war eine Anlage in den USA am besten, weil Trump mit den höchsten Defiziten in Friedenszeiten die Konjunktur und die Gewinne stimulierte und die Unternehmen mindestens zu 75 % ihre Aktienkurse mit den Aktienrückkäufen nach oben trieben. Da gleichzeitig noch der US-Dollar stieg, konzentrierte sich das internationale Kapital an der Wall Street. Dies war besonders ausgeprägt in den wenigen, hoch bewerteten Technologieaktien, die bis vor kurzem als "most crowded trade" die meist gekauften Aktien der internationalen Fondsmanager waren. Tatsächlich entwickelt sich von allen US-Indizes der NASDAQ weiter relativ am besten.

Die Aktienmärkte sind besonders außerhalb der USA sehr preiswert. Deutschland zum Beispiel notiert beim 1-fachen Buchwert, was eine Bewertungsuntergrenze darstellen sollte. Von der Substanz her erscheint das Kursrisiko damit gering. Kurs-/Gewinn-Verhältnisse kann in einer Situation wie der aktuellen ohnehin niemand seriös voraussagen. Potentiale liegen wohl nur in Branchen wie Pharma, Lebensmittel, Internet, Versorgung, Versicherungen und Immobilien. Deutsche Aktien sind so preiswert geworden, dass Titel wie Apple oder Microsoft mehr wert sind als alle 30 deutschen DAX-Aktien zusammen.

Es ist denkbar, dass im 2. Halbjahr eine bessere Börsenzukunft beginnt. Allerdings muss es Regierungen und Notenbanken gelingen, eine Domino-Entwicklung und damit eine echte mehrjährige Depression zu verhindern. Anders als Pessimisten erwarteten, geht die Gefahr diesmal wahrscheinlich nicht vom internationalen Finanzsystem bzw. den Banken aus, sondern von verschuldeten Unternehmen. Gefahr geht aber auch von den Konsumenten aus, die von einem plötzlichen Einkommensausfall bzw. von Arbeitslosigkeit bedroht sind. Die Verschuldung der Konsumenten ist derzeit kein so großes Problem, auch nicht in den USA. Verhindert der Staat größere Arbeitslosigkeit um den Preis einer Verstaatlichung von weiten Teilen der Wirtschaft, begünstigt das zwar Arbeitsplätze, aber auf Kosten der Aktionärsvermögen, welche stark geschmälert würden.

Wehner: Wir sind der Auffassung, dass uns der Erholungsprozess des Corona-Crashs bis ins Jahr 2021 begleiten wird. Aus diesem Grund legen wir viel Wert auf Qualität. Zum einen haben wir für die Krisenphase in den US-Nahrungsmittel-, -Pharma- und -Konsumsektor investiert – zum anderen in den Tech-Sektor, da wir der Meinung sind, dass nach der Covid19-Krise die Digitalisierung weiter an Fahrt gewinnen wird. (ah)