Wie man die Rezession hinter sich lässt

18.09.2013

**In einer Welt, in der Teilmärkte rezessive Tendenzen aufweisen, ist eine banale Diversifikation über alle Assetklassen nicht optimal. Nur durch gezielte Auswahl und teilweise Meidung von underperformenden Sektoren sind gute Resultate zu erzielen. finanzwelt befragte **Gerit Heinz, Head Wealth Management Research, UBS Deutschland AG.

finanzwelt: Der DAX als auch der amerikanische Dow Jones Index haben seit Jahresbeginn zweistellig zugelegt. Wie sehen Sie das Umfeld für Aktien in den kommenden sechs Monaten?

Heinz: Die nachhaltige Verbesserung des globalen Wachstums und der Unternehmensgewinne stützt die Aktienmärkte. Das Wirtschaftswachstum sollte sich aus unserer Sicht in den kommenden Quartalen weiter verbessern. Die gute Entwicklung des US-Konsums und des amerikanischen Häusermarktes spielen dabei eine entscheidende Rolle. Hinzu kommt, dass die Alternativen bei den Anleihen – insbesondere Staatsanleihen – trotz des jüngsten Zinsanstiegs nicht sonderlich attraktiv sind. Allerdings sollten Investoren die einzelnen Märkte hinsichtlich Fundamentaldaten und Bewertung näher analysieren und dann eine Entscheidung treffen.

finanzwelt: Welche Aktienmärkte präferieren Sie derzeit?

Heinz: Aktuell haben wir in der Assetallokation eine Übergewichtung des US-amerikanischen und japanischen Aktienmarkts vorgenommen. Aktuelle Zahlen belegen, dass sich die US-Wirtschaft auf Wachstumskurs bewegt, wenngleich noch nicht mit den Wachstumsraten, die wir vor der Finanzkrise gesehen haben. Vor allem die privaten Konsumausgaben legen zu, so dass wir mit einer Beschleunigung des Wachstums rechnen. Die Gewinne der amerikanischen Unternehmen steigen an. Das alles spiegelt sich auch an der Börse wider – viele Titel laufen besser als die Konkurrenten in anderen Industrienationen und in den Schwellenländern. In Japan profitieren im speziellen Exportwerte überdurchschnittlich von der Abwertung des Yen, aber auch generell dürfte die Politik der japanischen Notenbank und der Regierung dem dortigen Aktienmarkt Unterstützung verleihen.

finanzwelt: Vom Atlantik zum europäischen Kontinent. Hier sehen wir Licht und Schatten, oder?

Heinz: Zunächst einmal hat die Eurozone gemäß den jüngsten Zahlen die Rezession verlassen und wir erwarten weiter positive sequenzielle Wachstumsraten. Deutschland bleibt dabei die Wachstumslokomotive. Neben den Exporten hilft mittlerweile auch die inländische Nachfrage, die dank des guten Arbeitsmarkts und realer Lohnsteigerungen zusehends anspringt und das Wachstum stützt. Auch die Zahlen der britischen Wirtschaft stimmen uns leicht optimistisch. Die Erholung gewinnt an Dynamik und wird vor allem von der Erholung der Binnenkonjunktur getragen. In einem solchen Umfeld sind insbesondere britische Mid-Caps, wie übrigens auch in den USA, interessant. Sie sind im Durchschnitt zyklischer und stärker auf den Binnenmarkt ausgerichtet als die großen Unternehmen. Sorgen bereitet uns Frankreich. Das Land ist der wichtigste Absatzmarkt für deutsche Unternehmen und zudem eine tragende Säule der Eurozone, hat aber immensen Reformbedarf. Die aktuelle Rentenreform hat eher homöopathischen Charakter, da die Regierung die Macht der Gewerkschaften fürchtet. Die wirtschaftliche Erholung unseres Nachbarn bleibt daher noch verhalten. Es ist insgesamt wohl noch zu früh zu behaupten, dass die Eurozone in eine Phase der selbsttragenden Erholung eingetreten sei.

finanzwelt: Was erscheint derzeit im Anleihenuniversum lukrativ?

Heinz: Innerhalb der festverzinslichen Wertpapiere sind insbesondere US-Hochzinsanleihen relativ interessant. Die Stärke des US-Unternehmenssektors bei sehr geringen Ausfallquoten macht diese Anlageklasse weiterhin auch absolut gesehen attraktiv. Wir rechnen mit einer Einengung der Zinsdifferenz, so dass ein allmählicher Anstieg der US-Treasury-Sätze kompensiert werden kann. Bei Staatsanleihen bleiben wir weiterhin untergewichtet.

(Das Interview führte Alexander Heftrich)

Interview mit Gerit Heinz - Printausgabe 05/2013