2020: Die Stadt lebt durch die Vielfalt der Beziehungen

14.01.2020

Iris Schöberl, Managing Director Germany und Head of Instutional Clients bei BMO Real Estate Partners Deutschland / Foto: © BMO Real Estate Partners Deutschland

Emotionalität und Vertrauen: Basis der Highstreet

Die Präsenz in 1A-Lagen hingegen verstehen die Hersteller zunehmend als unverzichtbaren Teil des Marketings – und zeigen sich bereit, dafür zu bezahlen. Repräsentative Showrooms locken Kunden an, die im Zweifelsfall auch „nur mal gucken“ wollen, die Attraktivität der Shoppinggegend profitiert nichtsdestotrotz. Langfristiger Erfolg kann sich jedoch nur einstellen, wenn aus dem Verkäufer in Zukunft ein qualifizierter Berater wird. Er muss mehr denn je die Marke und den Kunden zusammenbringen. Entscheidend für den Erfolg, ist der Mehrwert, den der Kunde aus seinem Besuch im Laden mitnimmt. Der Verkäufer muss Designer, Produzent und Markenbotschafter in einem sein, der Laden gleichzeitig Showroom und Shopping-Tempel für den Kunden.

Textilbranche und Gastronomie sind reif für die Ehe

Abseits aller Anglizismen heißt „Erlebniseinkaufen“, dass die Kunden beraten, unterhalten und beköstigt werden. Zur Sinnlichkeit des Einkaufserlebnisses trägt die Beköstigung entscheidend bei. Das ist sowohl der Latte Macchiato im hohen Glas in der Café-Nische des Damenmodegeschäfts wie auch das deftige Suya im nigerianischen Restaurant, dass Platz in einem früheren Schuhgeschäft gefunden hat. Einkaufen ist auch eine Freizeitbeschäftigung mit Anspruch auf Unterhaltung und Anregung, ein Erlebnis, von dem im Freundeskreis erzählt wird. Und dabei liegen die erworbene Samtbluse und der überraschende Geschmack des Suya mindestens auf Augenhöhe. Einzelhandel und Gastronomie sind bereit in ihrer jungen Beziehung den nächsten Schritt zu gehen und die jeweiligen Potentiale zu vereinen.

Monogamie nicht erwünscht

Wohin also wollen wir? Die Highstreets der Top-20-Städte bestechen künftig durch mehr Vielfalt – betriebswirtschaftlicher Terminus des Prozesses: Diversifikation. Die sich ehedem bis in die Obergeschosse erstreckende Monostruktur der Mode macht Platz für Gastronomie, Dienstleistungen rund um Sport, Gesundheit, Technik, Einrichtung, Mobilität – Schaufenster und Leihstationen für E-Fahrzeuge auf zwei bis vier Rädern etwa. Und natürlich sind die Highstreets weiterhin das Ziel für Modeshopping: die edlen Budapester für den Herrn und die High Heels mit roter Sohle für die Dame. Diese Nutzungen erreichen teilweise auch die Obergeschosse, die darüber hinaus ganz klassisch für Büroflächen – ggfs. in der modernisierten Coworking-Variante – sowie Wohnflächen in ihrer Ausdifferenzierung vom klassischen Wohnen über möblierte Mikro-Apartments und Boardinghouses bis hin zu vielfältigen Hotelkonzepten zur Verfügung stehen. Die Mischung findet nicht nur in der Lage statt, sondern in jeder Immobilie. Die Nutzungsarten müssen heiraten, aber dürfen nicht monogam leben.

Marktkommentar von Iris Schöberl, Managing Director Germany und Head of Institutional Clients bei BMO Real Estate Partners Deutschland