BGH: Nachbearbeitungspflichten bei Widerruf oder Beitragsfreistellung

06.04.2022

Jens Reichow Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte in Parnterschaft mbB

Der BGH hat mit Urteil vom 08.07.2021 (Az.: I ZR 248/19) über die Nachbearbeitungspflichten bei Widerruf oder Beitragsfreistellung entschieden.

Sachverhalt

Zwischen einem Versicherungsmakler und einem Maklerpool bestanden eine Courtagevereinbarung, sowie eine Ergänzungsvereinbarung für vordiskontierte Produkte. Nach diesen Vereinbarungen oblag es dem Maklerpool die vermittelten Geschäfte zu provisionieren, darüber entsprechende Rechnung abzulegen und im Falle von Vertragsstörungen dem Versicherungsmakler Stornogefahrenmitteilungen zukommen zu lassen.

Nach einiger Zeit kam es zu Courtagerückforderungen und entsprechenden Belastungen auf dem Courtagekonto des Versicherungsmaklers. Hintergrund war, dass einzelne Versicherungsnehmer vermittelte Versicherungsverträge widerrufen oder beitragsfrei gestellt hatten. Stornogefahrenmitteilungen erhielt der Versicherungsmakler jedoch erst mit mehrmonatiger Verzögerung.

Der Versicherungsmakler erhob Widerspruch gegen die Abbuchungen und forderte eine erneute Gutschrift der Courtagen. Nachdem es zu keiner Gutschrift kam, erhob der Versicherungsmakler Klage.

Das LG Hamburg und das OLG Hamburg urteilten, dass in Bezug auf einen widerrufenen Versicherungsvertrag keine Nachbearbeitungspflicht bestand. Aufgrund eines vorherigen Telefonates sei auch ein Versicherungsvertrag, für den eine Beitragsfreistellung beantragt wurde, nicht notwendigerweise nachzubearbeiten. Gegen diese Entscheidungen wendete sich der Versicherungsmakler mittel Revision an den BGH.

Entscheidung

Der BGH hat entschieden, dass grundsätzlich eine Nachbearbeitungspflicht bestand. Der Versicherungsmakler war in dem zu entscheidenden Fall genauso schutzwürdig, wie ein Versicherungsvertreter, für welchen in § 87a Abs. 3 S. 2 HGB eine Nachbearbeitungspflicht besteht. Der BGH bestätigte damit seiner bisherigen Rechtsprechung zur Anwendbarkeit des Handelsvertreterrechts in Courtagerückforderungsstreitigkeiten, die einen Versicherungsmakler betreffen (siehe hierzu „Rückforderung unverdienter Courtage: So kann sich der Versicherungsmakler wehren!).

Entsprechend den Regelungen des § 87a Abs. 3 S. 1 HGB hat der Handelsvertreter einen Anspruch auf Provision, wenn feststeht, dass der Unternehmer das Geschäft ganz oder teilweise nicht so ausführt, wie es abgeschlossen worden ist. Nach § 87a Abs. 3 S. 2 HGB entfällt dieser Anspruch jedoch, wenn und soweit die Nichtausführung auf Umständen beruht, welche vom Unternehmen nicht zu vertreten sind. Umstände gelten als nicht zu vertreten, wenn die notleidenden Verträge im gebotenen Umfang nachbearbeitet wurden (siehe zu den Nachbearbeitungspflichten gegenüber Handelsvertretern im Einzelnen: „Rückforderung unverdienter Provisionen: So kann sich der Versicherungsvertreter wehren!“.).

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