Progressionsschaden bei verspäteter Zahlung der Berufsunfähigkeitsrente
25.11.2025

Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke. Foto: Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte
Das Landgericht Kleve entschied am 10. Juli 2025 (Az. 6 O 1/22), ob in der Berufsunfähigkeitsversicherung auch der sogenannte Progressionsschaden zu ersetzen ist. Entsteht durch eine verspätete oder gebündelte Nachzahlung von Berufsunfähigkeitsrenten infolge Zahlungsverzugs eine höhere Steuerlast, so könnte der Versicherer zum Ausgleich der Mehrbelastung verpflichtet werden.
Der Versicherungsnehmer unterhielt seit dem Jahr 2000 eine Lebensversicherung mit eingeschlossener Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (BUZ). Die versicherte Monatsrente belief sich zuletzt auf 2.605,17 EUR bei einer monatlichen Prämie von 312,75 EUR. Als beim Versicherungsnehmer eine rezidivierende depressive Störung (siehe auch Berufsunfähigkeit wegen Depression) diagnostiziert worden war, beantragte er Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung. Der Versicherer lehnte die Zahlung jedoch ab und verwies auf fehlende Nachweise einer bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit von mindestens 50 % (siehe: Die Bemessung des BU-Grades in der Berufsunfähigkeitsversicherung (BGH)).
Der Versicherungsnehmer begab sich daraufhin in eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme, deren Entlassungsbericht eine fortbestehende depressive Störung ohne Vollremission bestätigte. Da der Versicherer weiter keine Zahlung leistete, erhob der Versicherungsnehmer Klage auf rückständige Renten, Beitragsrückzahlungen und Feststellung der Ersatzpflicht eines Progressionsschadens.
Das Landgericht Kleve sah eine Berufsunfähigkeit wegen Depression als erwiesen an und verurteilte den Versicherer zur Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente. Außerdem stellte das Landgericht Kleve auch fest, dass der Versicherer einen Progressionsschaden zu ersetzen hat.
Zunächst war zu klären, ob der Versicherer das vom Versicherungsnehmer dargestellte Berufsbild mit ,,Nichtwissen“ bestreiten durfte. Das Landgericht Kleve verneinte es ausdrücklich mit der Begründung, dass ein Versicherer sich nicht auf die Unkenntnis berufen kann, wenn er das Berufsbild bereits in seiner außergerichtlichen Leistungsprüfung selbst zugrunde gelegt hat.
Das vom Versicherungsnehmer dargestellte Berufsbild konnte vom Gericht daher zur Grundlage der weiteren rechtlichen Bewertung des Falles genommen werden, ohne dass dies seitens des Versicherungsnehmers noch weiter nachgewiesen werden musste. Auf der Grundlage des dargestellten Berufsbildes kam ein medizinisches Sachverständigengutachten dazu, dass beim Versicherungsnehmer seit dem 14. November 2022 eine Berufsunfähigkeit vorlag. Diese wurde durch eine depressive Erkrankung in Verbindung mit einer ausgeprägten Persönlichkeitsstruktur verursacht.

Der Bürokratie-Wolf im Schafspelz









