Verhandlungsführung: Was Finanzberater aus Krisenfällen lernen können

03.12.2021

Krisenberater und Verhandulngsexperte Michael Pülmanns, Geschäftsführer von SmartRiskSolutions / Foto: © Michael Pülmanns

Harte Verhandlungssituationen sind auch in der Finanzindustrie nichts Außergewöhnliches. Um die Erfolgsaussichten von Business-Verhandlungen zu erhöhen, bieten sich besondere Taktiken an. Diese kann man aus Krisenfällen ableiten und für sich nutzen.

Man stelle sich vor, ein junger Finanzberater verhandelt mit einer Gesellschaft über die Konditionen für einen Großkunden. Der Auftrag klingt gut. Er verspricht ein gutes Angebot. Die optimistische, vielleicht sogar ambitioniert Rabattforderung von 8 % auf 500 Firmenwagen wird mit einer verwunderten Begründung beiseitegelegt: „marktunüblich, unrealistisch“. Großzügig wären bereits 2,25 %, aufgrund der langjährigen Beziehung werden 2,5 % in Aussicht gestellt, bei einem Fünfjahresvertrag sogar 2,75 %. Mehr sei nicht drin. Man kenne keinen Mitbewerber, der ein besseres Angebot machen werde.

Gibt sich der Finanzberater damit zufrieden? Er hatte seinem Kunden bereits ein besseres Ergebnis signalisiert. War seine Markteinschätzung falsch? Soll er annehmen? Die eigene Provision schmilzt parallel zur Begeisterung des Großkunden. Das Beispiel und die Zahlen sind fiktiv, die Situation nicht.

Business-Verhandlungen sind keine Selbstläufer

Einkaufskonditionen gegenüber Gesellschaften, Vergütungsregelungen, Vertragsverhandlungen mit Großkunden, Fusionen und Transaktionen: Für alle Unternehmen gehören Business-Verhandlungen zum alltäglichen Geschäft. Aber: Business-Verhandlungen sind kein Selbstläufer. Große Unternehmen schulen ihre Verhandlungsteams nicht selten individuell für Verhandlungen, Verhandlungstaktiken und den Umgang mit Druck insbesondere für operativ oder strategisch wichtige Verhandlungen. Das betrifft auch Finanzberater. Es wird erwartet, dass sie das Beste aus Verhandlungen herausholen. Und zum anderen müssen sie sich darauf einstellen, dass die Gegenseite bestens ausgebildet ist, möglicherweise einen Informationsvorsprung hat und daher genau weiß, mit welchen Stellschrauben sie ihren Erfolg maximieren kann.

Das muss aber nicht sein. Denn wenn Verhandlungsführer nicht das gewünschte wirtschaftliche Ergebnis erzielen oder scheitern, liegt das in der Regel an einer unzureichenden Vorbereitung. Zugespitzt ausgedrückt: sehr erfahrene Verhandlungsführer können möglicherweise ohne Vorbereitung noch ein mäßiges Ergebnis erzielen. Für unerfahrene Verhandlungsführer wird es ohne Vorbereitung schwer. Vorbereitung ist der Schlüssel zum Erfolg. Die Praxis zeigt, dass das Kernproblem oftmals darin besteht, dass Ziele nicht klar definiert werden. Was wollen wir? Selten ist es nur ein Preis. Diese Leerstelle, diese Ungenauigkeit in der Bestimmung des Erfolgs verhindert ein greifbares Verhandlungsergebnis und führt, insbesondere unter Druck, zu unnötigen Zugeständnissen. Wer improvisiert, weil die Verhandlungskorridore und -ziele nicht eindeutig sind, riskiert ein schlechteres Ergebnis. Wer weiß, was er erreichen will, wird auch dem Verhandlungspartner nur das zugestehen, was er guten Gewissens abgeben kann.

Druck und verschiedene Verhandlungstaktiken sollen den Verhandlungsspielraum erweitern

Krisen wie Entführungsfälle oder Cyber-Erpressungen sind außergewöhnliche Lagen, die sehr emotionale und fordernde Verhandlungen beinhalten können. Die Ziele solcher Verhandlungen sind aufgrund der Ernsthaftigkeit der Lage klar definiert. Eine Verfehlung des Ziels undenkbar, ein Erfolg jedoch alles andere als gewiss. Dennoch ermöglichen auch hier klare Ziele, Vorbereitung und ein intensives Coaching bei diesen Verhandlungen zu bestehen. Die Gegenseite wird Schwächen in der Verhandlungsführung ausnutzen, selbst aber kaum Zugeständnisse machen. Druck und verschiedene Verhandlungstaktiken sollen den Verhandlungsspielraum erweitern.

Wie Sie aus der Stressspirale herauskommen und wie Sie optimal mit Verhandlungssituationen umgehen, lesen Sie auf Seite 2.