Droht eine Stagflation?

23.03.2022

Dr. Manfred Schlumberger, Leiter Portfoliomanagement StarCapital / Foto: © StarCapital

Zentralbanken im Dilemma

Durch die Pandemie und die Beschränkungen der Behörden wurde die Angebotsseite der Weltwirtschaft schwer beeinträchtigt, während die Nachfrage durch staatliche Transfers gestützt und sogar verstärkt wurde. Damit war der Boden für die anziehende Inflation gelegt, die durch die Rohstoffpreise und die Lieferkettenproblematik weiter angeheizt wurde. Und jetzt sehen wir auch – zumindest in den USA – den Beginn einer Lohn-Preis-Spirale.

US-Lohnentwicklung

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Quelle: Datastream per 28.02.2022 (A-103-SCMAG)[/caption]

Panikartig vollzog vor diesem Hintergrund die FED die monetäre Wende. Mit geplanten zehn weiteren Zinserhöhungen und dem Nettoverkauf von Anleihen aus dem Bestand ab Mai fegt sie den geldpolitischen Sektkübel vom Tisch. Neben der Geldpolitik wirkt in den USA nun auch die Fiskalpolitik restriktiver. Dazu kommen negative Wohlfahrtseffekte aufgrund der schwächeren Vermögenspreise. Dieser Cocktail ist Gift für die Aktienmärkte und wird für anhaltend hohe Volatilität sorgen. Positiv ist lediglich, dass sich die Märkte im Zuge des Ukrainekriegs auf merklich niedrigeren Niveaus befinden und die Bewertungen eher wieder attraktiv geworden sind.

Spätestens im Herbst sollten sich jedoch wegen der geldpolitischen Bremsmanöver deutliche Schwächetendenzen bei der Konjunktur bemerkbar machen. Tritt das Inflationsproblem zugunsten der Konjunktursorgen in den Hintergrund und entschließt sich die FED zur erneuten Wende, kann der Bullenmarkt bei Aktien wieder Fahrt aufnehmen. Bis dahin könnte es trotz Zwischenrallys anhaltend ungemütlich an den Börsen bleiben. Im Schatten der FED wird auch die EZB restriktiver werden. Da das Primärziel der EZB aber darin besteht, die Eurozone am Leben zu halten, wird es nur zu homöopathischen Schritten kommen.

Wo sollte man investieren?

Der Rohstoff- und Energiesektor wird seinen im Vorjahr begonnenen «Superzyklus» fortsetzen. Hohe Gewinne und anhaltend günstige Bewertungen eröffnen enorme Kurschancen, bestenfalls unterbrochen von temporären Rückschlägen.

MSCI – Energiesektoren

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Quelle: Datastream per 21.03.2021 (A-225-SCMAG)[/caption]

Auch die Anbieter alternativer Energien werden sich nach ihrem Rückschlag im Vorjahr wieder «nachhaltig» erholen, nicht zuletzt dank kräftiger öffentlicher Subventionen. Unprofitable Wachstumstitel werden spätestens bis zur nächsten geldpolitischen Wende einen schweren Stand haben. Hochprofitable Tech-Monopolisten wie Apple, Alphabet und Microsoft etc. kann man stets bei Rückschlägen antizyklisch kaufen. Auch Rüstungsaktien werden ihre Hausse fortsetzen, nachdem die «Frieden schaffen ohne Waffen»-Ideologie in der Ukraine zu Grabe getragen wurde. Schon in Kürze dürften sie auch durch ein Nachhaltigkeitssiegel der EU-Taxonomie geadelt werden.

Da die Realzinsen in USA und Europa negativ bleiben werden, ist die Beimischung von Gold weiterhin ratsam.

Kolumne von Dr. Manfred Schlumberger, Leiter Portfoliomanagement bei StarCapital