Erbschaft: Die fünf wichtigsten Urteile zu Lebensversicherungen

16.11.2023

3. Auszahlung der Lebensversicherung: Der Versicherungsschein ist entscheidend

Der Versicherungsschein beweist nach einer Entscheidung des Landgerichts Coburg den gesamten Inhalt des Versicherungsvertrages. Beruft sich die Versicherung auf separate Abreden in Begleitschreiben, hat sie das Nachsehen. In dem zugrunde liegenden Fall hatte die Tante des Klägers bei dem später verklagten Versicherungsunternehmen zwei Rentenversicherungen abgeschlossen und dabei Beträge von mehreren 10.000 Euro als Einmalbeträge eingezahlt. Es war vereinbart, dass im Falle des Todes die eingezahlten Beträge abzüglich ausgezahlter Altersrenten zurückerstattet werden. Die Tante verstarb, nachdem sie durch Testament ihren Neffen - den Kläger - als Alleinerben eingesetzt hatte. Dieser war der Auffassung, dass er als Alleinerbe die Restbeträge aus den Lebensversicherungen in Höhe von etwa 42.000 Euro und 17.000 Euro erhalten müsse. Die Versicherung meinte dagegen, dass mit den Versicherungsurkunden an die Tante Begleitschreiben versendet worden seien. In diesen hätte gestanden, dass nach dem Tod der Tante die gesetzlichen Erben die Restbeträge erhalten sollten. Der Kläger sei nicht der gesetzliche Erbe, sondern durch Testament eingesetzt.

Das Gericht gab der Klage des Neffen statt. Dieser sei als Erbe der verstorbenen Tante bezugsberechtigt. Es konnte nicht geklärt werden, ob die Regelung in den Begleitschreiben tatsächlich zwischen der Tante und der Versicherung vereinbart worden war. In den Versicherungsscheinen fanden sich keine Angaben zur Bezugsberechtigung im Fall des Todes. Der Versicherungsschein als Urkunde trägt aber die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit in sich. Der gesamte Inhalt des Versicherungsvertrages muss sich aus dem Versicherungsschein ergeben, betonten die Coburger Richter. Dort war im entschiedenen Fall die Frage der Bezugsberechtigung für den Tod nicht geregelt, so dass es bei der gesetzlichen Regelung verbleibt, dass der Erbe anstelle des Erblassers eintritt. Da das Versicherungsunternehmen nicht beweisen konnte, dass die Regelung in den Begleitschreiben vereinbart wurde, konnte der Neffe die Beträge fordern.

Ergänzend führte das Landgericht auch aus, dass selbst wenn die Regelung in den Begleitschreiben vereinbart worden wäre, diese Regelung so auszulegen wäre, dass in jedem Fall der Erbe Bezugsberechtigter werden muss. Es ergebe aus Sicht eines Versicherungsnehmers wenig Sinn, wenn abweichend von der von ihm beabsichtigten Erbfolge Dritte wesentliche Vermögensbestandteile erhalten würden.

Quelle: Landgericht Coburg, Urteil vom 15.04.2014, Az.: 22 O 598/13

4. Streit um Rentenversicherung: Aktuelle Gattin siegt gegen Ex-Gattin

Wer eine Lebens- oder Rentenversicherung keine konkrete Person als Bezugsberechtigten angibt, sondern nur abstrakt „Ehegatte der versicherten Person“ eintragen lässt, provoziert damit nach seinem Tod einen handfesten Streit zwischen aktueller und ehemaliger Ehepartnerin. In einem vom Landgericht Coburg entschiedenen Fall hatte der Ehemann noch vor der ersten Hochzeit genau diese Formulierung in dem Versicherungsvertrag gewählt. Nachdem die erste Ehe in die Brüche gegangen war, heiratete er ein zweites Mal. Nach seinem Ableben stritten die Ehefrauen eins und zwei um die Rentenversicherungssumme in Höhe von rund 6.500 Euro. Das Gericht schlug sich dabei auf die Seite der zweiten Ehefrau, mit der der Versicherungsnehmer bis zu seinem Tod verheiratet war.

Das Landgericht hat dabei die Richtlinien der Versicherung unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ausgelegt. Ist die versicherte Person zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses verheiratet, so ist davon auszugehen, dass dieser Ehegatte bezugsberechtigt sein soll. Dies gilt auch dann, wenn zum Zeitpunkt des Todes der versicherten Person die Ehe möglicherweise nicht mehr besteht. In diesen Fällen ist davon auszugehen, dass mit „Ehefrau" eine konkrete Person bezeichnet ist. Im vorliegenden Fall verhielt es sich jedoch anders. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Versicherungsvertrages war der Mann nicht verheiratet. Daher war nach Auffassung des Landgerichts davon auszugehen, dass sich die Bezeichnung „Ehegatte" nicht auf eine konkrete Person bezog. Folglich könne dies nur zu dem Ergebnis führen, dass der jeweilige Ehepartner als Bezugsberechtigter gemeint sein soll. Das Gericht wies darauf hin, dass es der Verstorbene auch in der Hand gehabt hätte, die Regelung zur Bezugsberechtigung so zu gestalten, dass nach seinem Ableben die erste Ehefrau die Lebensversicherung erhält. Da eine solche Regelung nicht getroffen wurde, spreche dies eher dafür, dass der zweimal Verheiratete seine jeweilige Ehefrau als Bezugsberechtigte sehen wollte.

Quelle: Landgericht Coburg, Urteil vom 26.05.2010, Az.: 11 O 781/09