Neuro-Leadership: Mit Herz, Hirn und Haltung führen

09.10.2025

Foto: Barbara Liebermeister © Barbara Liebermeister

Beim Führen die verschiedenen Facetten des Neuro-Leadership beachten

In der Literatur zum Thema Neuro-Leadership werden mehrere Aspekte, teils unterschiedlich stark betont. Manche Publikationen konzentrieren sich auf das sogenannte Neuro-Decision-Making – also die Frage, wie das menschliche Gehirn Entscheidungen trifft und warum  Emotionen dabei oft das letzte Wort haben. Bei anderen liegt der Fokus eher auf der Neuro-Motivation und sie erklären, welche Botenstoffe dafür sorgen, dass Menschen bereitwillig Leistung erbringen. Wieder andere befassen sich primär mit der Neuro-Resilience, also der Fähigkeit, auch in Krisen handlungsfähig zu bleiben. Und immer häufiger wird auch das Thema Neuro-Collaboration erörtert, das unter anderem auf der Erkenntnis basiert, dass das menschliche Gehirn einen sozialen, Sinn vermittelnden Kontext braucht, um die volle Leistung zu erbringen und Wohlbefinden zu empfinden.

Am Ende läuft alles auf die simple Wahrheit hinaus: Man kann Menschen nur wirksam führen, wenn man versteht, wie der Mensch funktioniert. Neuro-Leadership zeigt die Zusammenhänge auf,

·         warum wir Menschen aktiv werden,

·         was in unseren Köpfen geschieht

und dieses Verständnis entscheidet darüber, ob man als Führungskraft Menschen mitnehmen und begeistern kann.

Führungskräfte brauchen neue Kompetenzen und Intelligenzen

Dies setzt aufgrund der veränderten Rahmenbedingungen und Anforderungen bei den Führungskräften zum Teil auch neue „Kompetenzen“ und „Intelligenzen“ (siehe Kasten) voraus. Um welche es sich hierbei handelt, beschreibe ich detailliert in meinem Buch „Führen mit Alpha Intelligence: Startklar für die Arbeitswelt der Zukunft“, in dem ich die neuesten neurowissenschaftlichen Erkenntnissen mit den aktuellen Herausforderungen im Bereich Management und Führung verknüpfe. Doch wodurch unterscheiden sich Kompetenzen von Intelligenzen? Kompetenzen lassen sich durch ein wiederholtes Üben auf- und ausbauen. Sie manifestieren sich in Denk- und Verhaltens- bzw. Reiz- Reaktionsmustern, die wir regelmäßig zeigen – also Routinen, die mit konkreten Anforderungen korrespondieren. Intelligenzen hingegen manifestieren sich in der Fähigkeit, situationsübergreifend zu agieren. Sie ermöglichen es,

·         Bekanntes mit Unbekanntem zu verknüpfen,

·         flexibel auf neue Kontexte zu reagieren und

·         kreative Lösungen jenseits eingespielter Routinen zu entwerfen.

Sie sind also dynamisch und kontextsensibel und zeigen sich besonders in unstrukturierten, unsicheren Situationen.

Ziel: Zukunftsfähige und wirksame Führungskraft sein und bleiben

Unverzichtbar in unserer von rascher Veränderung geprägten Welt ist für Führungskräfte unter anderem die Intelligenz

·         die eigenen Kompetenzen den unterschiedlichen

·         Rahmenbedingungen anzupassen und

·         szenario-basierte Lösungen zu entwerfen.

Unlösbar verknüpft hiermit sind folgende Fähigkeiten, die Führungskräfte aufgrund der oft nur bedingt vorhersehbaren – und somit auch überraschenden – Veränderungen als Leader ihrer Bereiche und Mitarbeiter zunehmend brauchen, um ihnen möglicherweise gangbare Wege aufzuzeigen und ihnen die Zuversicht „Wir schaffen das“ zu vermitteln.

1.    Fähigkeit zur Antizipation – also zum gedanklichen Vorwegnehmen (möglicherweise) zu erwartender Ereignisse, um trotz bestehender Unsicherheiten entscheidungsfähig zu sein.

2.    Adaptionsfähigkeit – also die Fähigkeit, flexibel und vorausschauend mit dem Wandel umzugehen statt sich ihm nur reaktiv anzupassen. Sie ist für Führungskräfte heute essenziell, denn: Wer nur reagiert, hinkt stets einen Schritt hinterher. Wer hingegen Entwicklungslinien früh erkennt, kann gezielt agieren – mit Weitblick und strategischem Gespür, was oft den entscheidenden Vorsprung bewirkt.

3.    Metakognition – also die Fähigkeit, das eigene Denken und Handeln zu reflektieren, um neue Lernfelder zu entdecken und sich flexibel Herausforderungen anzupassen.

Neuro-Leadership: die Grundlage für Führung im 21. Jahrhundert

Die genannten Intelligenzen und Kompetenzen bzw. Fähigkeiten gilt es Führungskräften zu vermitteln, da sie für ein Neuro-Leadership unverzichtbar sind, das versucht, unter anderem unter Rückgriff auf die neusten neurowissenschaftlichen Erkenntnisse Lösungen für die aktuellen und künftigen Herausforderungen zu finden. Sie bilden sozusagen die Grundlage für eine erfolgreiche Führung im 21. Jahrhundert. Deshalb habe auch ich in den letzten Jahren – trotz jahrzehntelanger Erfahrung im Bereich Leadership und Führungskräfteentwicklung – aufbauend auf meinem Studium der Wirtschaftswissenschaften noch einen Master in Neurowissenschaften erworben und Ausbildungen zum Business- und Management-Mentalcoach absolviert. Denn nur mit einem soliden Know-how in diesem Bereich – so meine Überzeugung – schaffen es Führungskräfte heute, inspirierend, menschlich und zugleich wirksam zu führen. 

Zur Autorin:

Barbara Liebermeister leitet das Institut für Führungskultur im digitalen Zeitalter (IFIDZ), Wiesbaden (www.ifidz.de). Sie ist u.a. Autorin des Buchs „Führen mit Alpha Intelligence: Startklar für die Arbeitswelt der Zukunft“, das im Mai 2025 im Haufe-Verlag erschienen ist. Die Managementberaterin hält nicht nur Vorträge zum Thema Neuro-Leadership bzw. Alpha Intelligence. Sie führt auch Seminare zu diesem Thema unter anderem mit dem Titel „Neuro-Leadership – Führen mit Herz, Hirn und Haltung“ durch.

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