Mobilität und viel mehr ...

07.02.2013

Stefan Scheurer

Ein wesentlicher Faktor, der zu nachhaltigem Wachstum und Wohlstand eines Landes beiträgt, ist dessen Infrastruktur. Ohne gut ausgebaute Straßen und Schienennetze ist der Warentransport in einer angemessenen Geschwindigkeit nicht mehr möglich. Flughäfen, Investitionen in Kommunikationsnetze und Bildungseinrichtungen sind ebenfalls unverzichtbar.

finanzwelt befragte im Expertengespräch die Branche:

  • Stefan Scheurer, Vice President, Global Capital Markets & Thematic Research bei Allianz Global Investors
  • Thomas Bucher, Managing Director, Senior Portfolio Manager bei DWS Investments

finanzwelt: Die Assetklasse „Infrastruktur“ ist in der Vergangenheit oft nur pauschal betrachtet worden. Die große Vielfalt innerhalb der Assetklasse wurde mitunter nur unzureichend gewürdigt. Welche Bereiche subsumieren Sie unter „Infrastruktur“?

Scheurer: Wir sprechen zum einen von der sogenannten ökonomischen Infrastruktur – hierunter fallen die Bereiche Transport, Energie & Versorgung sowie Telekommunikation – zum anderen von der sozialen Infrastruktur, die beispielsweise die Errichtung und Instandhaltung von Bildungsstätten und Krankenhäuser umfasst. Jeder aufgeführte Teilbereich birgt hierbei, für sich genommen, schon nachhaltiges und mannigfaltiges Wachstumspotenzial. In der Summe gibt es weltweit einen enormen Bedarf an Infrastrukturinvestitionen, der sich nicht nur auf die Schwellenländer reduzieren lässt. Bucher [1] Infrastruktur ist generell eine zentrale Grundvoraussetzung für Wirtschaftswachstum – kein Fortschritt ohne moderne Kommunikations- oder Transportnetze. Wir analysieren dabei die gesamte Infrastruktur Wertschöpfungskette. Bei den Unternehmen aus dem Bereich Planung sowie Anlagen und Maschinenbau partizipieren die Anleger vom Wachstumsboom in neuen Projekten, insbesondere den Emerging Markets. Am Ende der Wertschöpfungskette stehen Betreiber von fertigen Infrastrukturprojekten, also z.B. Stromübertragungsnetze, Pipelines oder Mautstraßen. Investoren profitieren hierbei von den relativ stetigen Cash-Flows. Dieser Punkt macht Infrastrukturinvestments speziell für Versicherer und Vermögensverwalter mit langem Investitionshorizont besonders interessant.

finanzwelt: Leere Staatskassen, desaströse Haushaltslage in einigen EU-Mitgliedstaaten. Infrastrukturinvestments als globales Thema, dem sich die Investoren nicht entziehen können?

Scheurer: In der Tat ergeben sich aus den Rahmenbedingungen vielfältige Optionen für ein interessantes Engagement in diesem Bereich. Vielen entwickelten Staaten fehlt schlicht das Geld, um ihre Infrastruktur aufrechtzuerhalten oder noch auszubauen. Hinzu kommt der immense Bedarf in aufstrebenden Schwellenländern wie China und Brasilien. Egal, ob Flughäfen, Straßen oder Schienen – Engpässe können wir uns auch hierzulande nicht leisten. Der Bund hat hierzu den Investitionsrahmenplan 2011 - 2015 vorgelegt und hierbei eine strukturelle Unterfinanzierung im Bereich der Verkehrsinfrastruktur eingeräumt. Eine funktionierende Infrastruktur ist und bleibt das Rückgrat der Weltwirtschaft – eine Tatsache, deren Bedeutung wir nicht unterschätzen dürfen.

Bucher: Zweifellos sind Infrastrukturinvestitionen ein gefragtes Thema. Nordamerika erlebt gerade einen Rohstoffboom; zum Transport der Schiefergas und Ölfunde müssen neue Pipelines und möglicherweise Flüssiggasterminals gebaut werden. Die meisten Megastädte in Asien und Lateinamerika ersticken im Stau. Hier werden nur Milliarden-Investitionen in U-Bahn Netze und der Ausbau von Mautstraßen Abhilfe schaffen. Und auch in Europa steht Infrastruktur ganz oben auf der Agenda. Zum Anschluss der Off-Shore Windparks müssen hier die Stromnetze umgerüstet werden. Weltweit sorgen derzeit Smartphones & Co für einen exponentiellen Anstieg des Verkehrs in der Datencloud. Effiziente Breitbandnetze werden deshalb ein entscheidender Wettbewerbsvorteil für global konkurrierende Unternehmen sein.

finanzwelt: Der Rückzug des Staates aus seiner „Verantwortung“ ist sicherlich auch eine Komponente, die das Interesse befördert?

Scheure: Während in der Vergangenheit durch die Rolle des Staates in vielen Infrastrukturbereichen für private Anleger wenig Optionen für Investitionen bestanden, hat der Markt sich in der jüngeren Vergangenheit zunehmend geöffnet. Private Investoren werden aufgrund des weltweit riesigen Investitionsbedarfs von 40 Bio. USD bis zum Jahre 2030 öfter als Finanzier von Infrastrukturprojekten in Erscheinung treten.

Bucher: In der Tat wird sich der Staat bei der Finanzierung von neuen Infrastrukturprojekten weiter zurückziehen müssen. Nicht nur im Westen, auch in den Emerging Markets. Soweit möglich wird sich der Staat auf seine Rolle als Regulierer beschränken. Dies schafft zum einen zusätzliche Investitionschancen für börsennotierte private Infrastrukturunternehmen. Andererseits, wird es dadurch beim Stockpicking immer wichtiger, auf ein attraktives und stabiles regulatorisches Umfeld zu achten.

finanzwelt: Welche Investitionsmöglichkeiten gibt es im Bereich Infrastruktur?

Bucher: Wir bieten mit unserem Fondsprodukt „DWS Invest Global Infrastucture“ Partizipationsmöglichkeit am Megatrend Infrastruktur. Der Fonds investiert weltweit in börsennotierte Aktien, hat einem hohen Investitionsgrad in Emerging Markets und fokussiert sich auf attraktive Wachstumstrends entlang der gesamten Infrastruktur Wertschöpfungskette.

Scheurer: Um die Risiken des Kapitalmarkts weitestgehend auszublenden, richtet sich bei uns ein Fokus auch auf Fremdfinanzierungen bei Infrastrukturinvestments. Dies kann beispielsweise über Projektbonds oder Infrastrukturkredite geschehen, die wir neben institutionellen auch privaten Investoren zugänglich machen möchten. In diesem Zusammenhang haben wir ein neues Team an Bord geholt, das langjährige Erfolge in der Strukturierung und Platzierung von Infrastrukturfinanzierungen höherer Bonität aufzuweisen hat. Damit kommen wir den Wünschen der Kunden nach, die im Zuge der Wirtschafts- und Finanzkrise gleichbleibenden Renditen bei niedriger Volatilität enormen Stellenwert beimessen.

finanzwelt: Kernaspekt Versorgung. Hier ist im Besonderen ein hoher Investitionsbedarf zur Sicherung des Lebensstandards von Nöten, wie sich am Beispiel der Ressource Wasser zeigen lässt.

Scheurer: Ein gutes Beispiel. Wir müssen uns vor Augen führen, dass nach offiziellen Angaben der OECD tatsächlich nur 0,3 % des weltweit verfügbaren Angebots an Wasser für die Bevölkerung nutzbar sind. Wasser hat mit einer Größenordnung von 900 Mrd. USD p. a. den größten Investitionsbedarf. Der Handlungsbedarf ist immens.

Fazit. Die Ansätze zur Erschließung dieses Investitionsfeldes mögen unterschiedlich sein, gleichwohl, wie auch aktuelle Zahlen belegen, ist Infrastruktur im positiven Sinne ein heißes Eisen. Stabile Erträge bei geringerer Schwankungsintensität sind gewünscht und werden geboten. Die stattfindende Globalisierung, gepaart mit dem demografischen Wandel, machen signifikante Investitionen im Bereich der Infrastruktur unerlässlich.

(Das Gespräch führte Alexander Heftrich)

„Immer online“

Telekommunikationsnetze spielen in unserer globalen Welt eine zentrale Bedeutung. Die Zahl der Mobilfunkanschlüsse nimmt immer weiter zu. Hier sind auch die USA der Vorreiter. finanzwelt fragte Stefan Winter, Geschäftsführer des auf Mobilfunkinfrastruktur spezialisierten Emissionshauses SWORN Capital.

finanzwelt: Infrastruktur – ein globales, vielschichtiges Thema. Inwiefern sind entsprechende Investments derzeit eine lukrative Option?

Winter: Infrastruktur bietet den großen Vorteil eines ungesättigten, staatlich regulierten Marktes ohne klassische Marktschwankungen. Zudem handelt es sich um unverzichtbare Sachwerte: Ohne Mobilfunkmasten können Mobilfunkunternehmen ihre Dienstleistungen nicht anbieten. Die Masten bilden das Rückgrat der mobilen Kommunikation. Institutionelle Investoren schätzen diesen Markt bereits seit vielen Jahren und wir machen ihn privaten Anlegern zugänglich.

finanzwelt: Ein „Megathema“ ist auf den ersten Blick argumentativ leicht verständlich – aber gibt es auch Risiken, die es zu beachten gilt (Rechtsprechung, Regulierung/Deregulierung…)?

Winter: Risiken hängen im Wesentlichen immer von Standort und Investitionsstrategie ab. Die USA bieten ein stabiles Rechtssystem und einen staatlich regulierten Markt, der seit 20 Jahren professionell im Immobilienrecht organisiert ist. Zudem ermöglichen Mobilfunkmasten mit den vergleichsweise geringen Investitionssummen eine breite Streuung der Investition und bieten auch ohne Fremdkapital attraktive Renditen.

finanzwelt: SWORN Capital ist ein auf Mobilfunkinfrastruktur spezialisiertes Emissionshaus. Was kennzeichnet diesen Teilbereich und wie sind die entsprechenden Vertriebsaussichten?

Winter: Mobilfunkinfrastruktur ist ein riesiger Wachstumsmarkt Jederzeit mobil zu kommunizieren ist heute selbstverständlich. Das so verursachte Datenvolumen sprengt die Kapazitäten der Netze und zwingt zu hohen Investitionen. Das einfache Geschäftsmodell und das positive Rendite-Risiko-Verhältnis werden von Vertrieben und Anlegern geschätzt. Zudem fragen gerade Vertriebe unbelastete Themen nach, hier sehen wir uns sehr gut aufgestellt.

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